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Hast du schon einmal versucht, eine schlechte Gewohnheit abzulegen, bist aber immer wieder rückfällig geworden? Damit bist du nicht allein. Jeder von uns versucht doch, sich gesünder zu ernähren, mehr zu bewegen, sparsamer zu sein oder seine Zeit sinnvoller einzusetzen. Nur klappt es häufig nicht.
Eine Ursache für die vielen Rückschläge liegt in unserem Umfeld: Wo wir leben, mit welchen Menschen wir zusammenwohnen, was im Kühlschrank liegt, wie wir arbeiten oder was unsere Freunde tun. Wir handeln lange nicht so selbstbestimmt, wie wir gern glauben mögen. Unsere Umgebung beeinflusst unser Verhalten – ob wir wollen oder nicht.
Wenn wir regelmäßig einer schlechten Gewohnheit nachgehen, liegt es häufig daran, dass wir unser Umfeld darauf ausgerichtet haben. Wir setzen uns immer wieder genau der Versuchung aus, der wir eigentlich widerstehen wollen. Unsere Willenskraft reicht dann nicht aus, um standhaft zu bleiben, denn einer Sache kannst du dir sicher sein: Jeder Verlockung, die uns zur Verfügung steht, werden wir uns früher oder später ergeben. Lass mich dir einige Beispiele zeigen, du wirst dich bestimmt selbst erkennen:
Das Laster: zu viel Zeit vorm Fernseher
Der durchschnittliche Deutsche sitzt knapp vier Stunden am Tag vorm Fernseher. Im Wohnzimmer dieses Durchschnittsmenschen dürfte eine bequeme Couch gegenüber eines großen Flachbildschirms stehen. Vielleicht gibt es weitere Fernseher im Schlafzimmer, Kinderzimmer oder der Küche. Auf ihnen laufen nicht nur 100+ Sender, sondern unzählige Mediatheken sowie Netflix, amazon Prime Video und Youtube. Das macht alles Sinn – wenn man viel fernsehen will.
Aber es ist das denkbar schlechteste Umfeld, wenn man weniger fernsehen möchte. Wie soll man bei dieser Verfügbarkeit von Serien, Spielfilmen, Reality TV, Dokumentationen und Talk Shows noch an etwas anderes denken?
Seit ich wieder ein Wohnzimmer mit Sofa und Fernseher habe, sehe ich mehr fern als in den Jahren zuvor. Immerhin schaue ich fast nichts aus dem aktuellen TV-Programm. Die Kanäle auf meinem Fernseher sind willkürlich verteilt. Ich weiß nicht, welcher Sender auf welcher Nummer einprogrammiert ist. So ist zielloses Zappen richtig anstrengend. Allerdings gab mir ein Freund seinen Netflix-Zugang. Nun bin ich im Serienparadies. Ich empfinde mein Pensum noch nicht als Laster, aber trotzdem fehlt Zeit für andere Dinge. Ich lese weniger.
Die willkürlich verteilten Sender deuten an, wie man sein Umfeld verändern muss, um weniger fernzusehen. Es darf nicht zu bequem sein. Man muss es sich schwer machen, den Fernseher einzuschalten – indem man die Fernbedienung immer wieder wegräumt, das Gerät vom Internet entkoppelt, den Zweitfernseher abschafft oder Netflix & Co. kündigt. Die Königsdisziplin ist, gar keinen Fernseher mehr zu besitzen. All diese Maßnahmen machen das Umfeld fernsehfeindlicher. Mehr Tipps: Wie du es schaffst weniger fernzusehen.
Das Laster: ungesunde Ernährung
Dass viele Menschen heute an ihrer Ernährung zu knabbern haben, ist u. a. auf unser Umfeld zurückzuführen: Ungesunde Lebensmittel sind praktisch immer und überall verfügbar. In der Stadt gibt es alle paar hundert Meter einen Kiosk, Spätshop oder ein Fast-Food-Bistro, wo man nur ungesunde Snacks kaufen kann, weil diese billig, lange haltbar und schnell zu verzehren sind. Auch nach einem Bäcker bzw. Back-Shop muss ich nicht lange suchen. Diese verleiten mich dazu, süße Teilchen und Kuchen zu essen.
Manchmal drängt mir mein Umfeld ungesunde Snacks regelrecht auf: An der Supermarktkasse liegt die sogenannte Quengelware. Dort nerven Kinder ihre Eltern so lange, bis diese eine Süßigkeit kaufen. Aber auch ohne Kinder werden Menschen an der Kasse schwach, denn da ist ihre Willenskraft gering und sie können nicht weg.
Gegen dieses Umfeld außerhalb unserer eigenen vier Wände können wir nur wenig tun. Wir können uns lediglich auf solche Situationen vorbereiten, indem wir gesunde Snacks einstecken oder uns satt essen, bevor wir in ein Umfeld kommen, das wir nicht kontrollieren können.
Etwas besser sieht es in unserem Haushalt aus. Diesen können wir kontrollieren, müssen es aber auch wirklich tun. Wer sich mit ungesunder Ernährung herumplagt, darf sich nicht selbst in Versuchung bringen. Denn aus eigener Erfahrung weiß ich: Jeden ungesunden Snack, den ich zu Hause habe, werde ich früher oder später essen. Meistens früher als später! Eine Tafel Schokolade wird bei mir nicht alt.
Die einzig sinnvolle Maßnahme ist deshalb keine Süßigkeiten im Haushalt zu haben. Keine Eiscreme, keinen Kuchen, keine Cookies, keine Desserts, kein Schokoaufstrich, kein gezuckertes Müsli. Ich weiß, dass ich es alles essen würde. Stattdessen achte ich darauf, stets gesunde Lebensmittel auf Vorrat zu haben. So mache ich es mir selbst leichter, mich gesund zu ernähren, wenn der Hunger kommt. Weitere Tipps: Wie du dein Leben für eine gesunde Ernährung einrichtest.
Das Laster: zu viel Zeit am Smartphone
Ein anderes Laster sind unsere Smartphones. Junge Menschen haben es im Durchschnitt alle 11 Minuten in der Hand. Alle 11 Minuten! Insgesamt drei Stunden am Tag verbringen sie aktiv mit ihrem Handy. Es ist ein Laster, das nicht nur viel Zeit raubt, sondern uns stresst und unzufriedener macht.
Trotzdem tun wir alles dafür, um dieses Gerät noch fester in unseren Alltag zu integrieren. Wir nutzen es als Uhr und Navigationsgerät, beziehen unsere Nachrichten übers Smartphone, kaufen Bahntickets, hören Musik und bleiben mit unseren Freunden in Kontakt. Wir folgen Hunderten von Menschen auf Facebook, Instagram & Co. und können natürlich nicht anders, als ständig zu schauen, was diese Menschen tun. Außerdem erfüllen wir die Erwartungshaltung unseres Umfelds, ständig erreichbar zu sein. Wir werden zunehmend von unseren Smartphones vereinnahmt und machen auch noch schön mit.
Wir haben unseren Alltag so eingerichtet, dass wir ohne Smartphone nicht mehr aus dem Haus gehen können. Auch in der Wohnung haben wir es immer in Reichweite, oft sogar im Schlafzimmer. So werden wir es nie weniger nutzen, selbst wenn wir es wollten. Wir werden immer wieder zum Handy greifen, solange wir unser Leben entsprechend eingerichtet haben.
Wer weniger aufs Smartphone schauen möchte, sollte seinen Alltag möglichst von diesem Gerät entkoppeln. Das heißt, nur wenige Apps installieren, E-Mail und Social Media runterschmeißen oder so wenig wie möglich Menschen folgen, eine Armbanduhr verwenden etc. Weitere Tipps liest du in diesem Artikel: Warum du nicht alle 11 Minuten zum Smartphone greifen solltest. Statt das Handy griffbereit zu haben, könnten wir Alternativen bereitlegen, wie Bücher oder Utensilien für unsere Hobbys. Die Dinge, für die wir mehr Zeit haben wollen.
Weitere Laster und wie man von ihnen loskommt
Die Liste an schlechten Gewohnheiten lässt sich fortführen, z. B. mit Alkohol und Zigaretten: Es ist schwer sich das Rauchen abzugewöhnen, wenn man viel Zeit mit Rauchern verbringt. Also müsste man sich von ihnen fern halten. Viele Raucher können nicht auf die Zigarette verzichten, wenn sie Alkohol trinken. Also müssten sie weniger Alkohol trinken. Das wiederum ist schwer, wenn man abends gern in Bars ausgeht. Also müssen alternative Abendbeschäftigungen her, bei denen Alkohol nicht selbstverständlich ist.
Das gleiche Prinzip gilt fürs Shopping: Wir kaufen immer mehr Zeug, obwohl wir längst genug Dinge haben und vielleicht lieber sparen sollten, um uns einen freieren Lifestyle erlauben zu können. Doch kaufen ist zu leicht geworden. Im Online Shop sind unsere Daten bereits hinterlegt, der Versand kostet nichts – 1-Click und der Einkauf ist erledigt. Unser Umfeld begünstigt endlosen Konsum, also muss man Strategien finden, das Kaufen schwerer zu machen. Wie dir das gelingt, erfährst du hier.
Für diese und andere Laster ist unser Umfeld mitverantwortlich. Früher oder später werden wir jeder Versuchung nachgeben, die sich uns bietet. Auf diese eine Regel ist Verlass.
Finde deshalb Möglichkeiten dein Umfeld so zu verändern, dass schlechte Gewohnheiten weniger verlockend sind. Erhöhe gleichzeitig die Attraktivität guter Gewohnheiten. Es muss leichter sein, etwas Gesundes zu machen, als einem Laster nachzugehen. Je öfter das gelingt, desto besser sind deine Chancen für eine nachhaltige Veränderung.
Fotos: Mann raucht, Frau vorm Fernseher, Mann im Supermarkt, Frau mit Smartphone, Mann mit Zigarette und Bier von Shutterstock
Hey Patrick,
Umfeld macht viel aus. Ich habe festgestellt, dass es mir hilft, tatsächlich Räume für bestimmte Tätigkeiten zu reservieren. Schlafzimmer ist bei mir beispielsweise komplett smartphonefreie Zone und mein Arbeits- bzw. Schreibzimmer ist eben wirklich nur zum Schreiben da. Einmal die Verabredung mit mir getroffen, diskutier ich das auch gar nicht mehr. Klar braucht man den Platz, aber wenn man ihn hat, kann man Räume selbst super als Trigger für bestimmte Do’s und Don’ts einsetzen. Viele Grüße
Paul
Hallo Patrick.
Erwischt. Und zwar beim Thema Smartphone und Ernährung und so. Auch wenn ich das mit dem TV inzwischen hinbekomme, weil wir keins mehr haben.
Dennoch ein echt cooler Beitrag. Dankeschön.
Und das mit dem Umfeld kann sich jeder mal genauer überlegen.
Liebe Grüße
Markus
Hi Patrick,
Schöner Beitrag. Gewohnheiten sind wirklich wichtig. Schließlich ist das meiste was wir am Tag tun Routine.
Ich glaube daher, wichtiger als ein Umfeld mit wenig Verführungen zu gestalten, ist es ein Umfeld zu schaffen, das gute Alternativen einfach macht. Das hast du ja angesprochen, wenn man gesunde Snacks einstecken oder satt einkaufen geht. Ich sehe das beim Bogenschiessen: wenn ein Platz dafür zu Hause eingerichtet ist, trainiert es sich wesentlich leichter als wenn man erst alles aufbauen muss. Sonst landet man doch leicht wieder vor dem TV… :)
Schöne Grüße
Jean
Ein unglaublich guter Artikel! Gewohnheiten abzulegen, du meine Güte, ist so schwierig. Und Ihr legt den Finger auf den Punkt. Das Umfeld. Wie wahr! Das Umfeld zu ändern, Schritt für Schritt, ist der Weg! Danke vielmals. Das hat mir sehr geholfen!
toller Artikel, danke!
Ich überlege gerade, wie das mit der Zuckersucht ist. Irgendwelchen Zucker (Honig) hat man ja doch zum Kuchenbacken zu Hause. Wenn man keine Kekse gekauft hat, greift man vielleicht in der Not doch zur Zuckerdose? Mein Bruder aß Karotten, die er in Zucker stippte…
Eine Überlegung ist es auch wert, sich in einer ruhigen Situation Alternativen auszudenken, was mache ich wenn… Also schon auf dem Heimweg überlegen, wie der optimale Abend aussieht, damit man zu Hause eine Alternative zum Fernsehen weiß, bevor man das Ding gewohnheitsmäßig anschmeißt.
Hi Viola,
ja, das stimmt. Ich habe auch Zucker und Honig zu Hause. Ich verwende ihn nur nicht einfach so. Das mag daran liegen, dass ich mir sowas wie Karotten in Zucker gar nicht erst angewöhnt habe ;-) Wenn das aber ein Laster ist, hilft wahrscheinlich wirklich nur die Verbannung von Zucker.