Wie ich mein Bewusstsein für Bewegung änderte

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Bis vor wenigen Jahrzehnten mussten wir noch nicht über Bewegung nachdenken, denn sie war eine Selbstverständlichkeit. Mittlerweile nimmt uns der moderne Alltag jede noch so kleine Bewegung ab. Wir arbeiten im Sitzen, fahren mit Autos von einem Ort zum anderen, Lebensmittel werden nach Hause geliefert – gern schon fertig gekocht –, wir lassen uns vorm Fernseher berieseln und kaufen nebenbei unsere Kleidung im Internet. Diese Erleichterungen nehmen wir dankbar an, denn so kommen wir auch ohne Bewegung durchs Leben.

Der Durchschnittsbürger kommt heute auf weniger als 5.000 Schritte am Tag. Wer einem Bürojob nachgeht oder zu Hause arbeitet, geht im Durchschnitt nur 2.000 bis 3.000 Schritte täglich. Was nach großen Zahlen aussieht, ist erschreckend wenig: Wenn ich morgens 500 Meter zum Bäcker gehe, bin ich hin und zurück einschließlich Treppen schon 1.400 Schritte gelaufen. 2.000 Schritte kommen folglich schnell zusammen, sobald wir das Haus verlassen, doch viele Menschen schaffen kaum mehr als das.

Heute ist Bewegung zu einem ernsten Thema geworden, denn es hat sich herumgesprochen, dass der menschliche Körper bewegt werden muss, um gesund zu bleiben. Wer sich nicht bewegt, erhöht sein Risiko für Volkskrankheiten wie Übergewicht, Diabetes, Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Krebs, Alzheimer, Osteoporose etc. Diese sind unserem Lifestyle geschuldet, darunter dem Mangel an Bewegung.

Dieser Mangel soll häufig durch Sport ausgeglichen werden. Sport ist gut und nützlich, aber er reicht nicht aus. Wer zweimal pro Woche 30 Minuten Joggen geht, bewegt sich gerade einmal 0,6 Prozent der gesamten Woche. Das heißt, 99,4 Prozent der Zeit joggt er nicht und bewegt sich auch sonst kaum.

Egal, welchen Gesundheitsratgeber man liest oder welchen Experten man fragt: Wir brauchen mehr moderate Bewegung in unserem Alltag. Es ist wichtig, sich regelmäßig und lange zu bewegen (ohne sich zu verausgaben). Sport hingegen findet selten statt, ist nur von kurzer Dauer und kann unseren Bewegungsmangel daher nicht ausgleichen.

Was ich in meinem Alltag geändert habe

Vor mehr als einem Jahr habe ich mein Bewusstsein für alltägliche Bewegung ändern können. Anstatt Wege abzukürzen, bewege ich mich nun bewusst mehr:

  • Die meisten Wege lege ich mit meinem Fahrrad zurück. Ein Auto habe ich nicht. Die Straßenbahn nutze ich nur im Ausnahmefall. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich das Rad nicht aus dem Keller hole.
  • Für kurze Strecken lasse ich das Fahrrad stehen, um mich länger zu bewegen. So gehe ich zum Bäcker, Markt, Supermarkt, zur Post etc. zu Fuß, auch wenn es pro Richtung 10 bis 15 Minuten dauert. Ich verausgabe mich selten darin Wege zu sparen, sondern gehe lieber einmal mehr als einmal zu wenig.
  • Ich nehme nahezu jede Treppe mit: Ob in Wohngebäuden, Einkaufszentren oder Bahnhöfen, ich nehme meistens die Treppe. Wenn man sich die Selbstverständlichkeit eines Fahrstuhls erst einmal abgewöhnt hat, wird es ganz leicht.
  • Ich mache häufiger Spaziergänge. Wenn mir die Decke auf den Kopf fällt, ich mich gestresst fühle oder mich einfach zu wenig bewegt habe, drehe ich eine Runde um den Block oder gehe in den nächsten Park. Bewegung und Natur sind auch ein Wundermittel gegen gedrückte Stimmung.
  • Auch in meinen Kurzurlauben bewege ich mich mehr: Für zwei Wanderungen von drei und fünf Tagen schloss ich mich einem Freund an. Gemeinsam liefen wir erst 100 Kilometer und ein paar Wochen darauf noch einmal 150 Kilometer.
  • Nach diesen beiden Wanderungen haben längere Strecken für mich ihre Bedrohlichkeit verloren. Seitdem gehe ich auch manchmal zu Fuß aus der Leipziger Innenstadt bzw. vom Bahnhof nach Hause. Das sind fünf Kilometer. Wenn ich mir unschlüssig bin, frage ich mich, was ich zu Hause tun würde, wäre ich eine halbe Stunde eher da. Lautet die Antwort „fernsehen“ oder „im Internet surfen“, habe ich Zeit zum Laufen.
  • Ich kann mich (etwas) leichter zu Hausarbeit überwinden, da ich diese als kleines Workout ansehe. Hausarbeit besteht zwangsweise aus Bewegung und beansprucht den ganzen Körper.

Bei jeder dieser Bewegungen erlebe ich anschließend das Glück der Selbstüberwindung, so nennt es Eckart von Hirschhausen in seinem Buch Glück kommt selten allein. Wir fühlen uns schlicht besser, wenn wir nicht die bequeme Ausfahrt wählen. An anderer Stelle habe ich deshalb schon einmal empfohlen, Dinge zu tun, bei denen du dich selbst magst.

Wie ich mich zu täglicher Bewegung motivierte

Unser Umfeld macht es uns allerdings schwer, dieses Glück der Selbstüberwindung zu spüren. Das Leben ist in mancher Hinsicht zu leicht geworden. Die Bequemlichkeit ist allgegenwärtig: Fertigessen, zuckrige Snacks oder digitale Verlockungen wie Facebook. Sie alle machen uns das Leben so leicht, dass die natürliche Alternative (z. B. Kochen statt Fertigpizza, Freunde treffen statt Facebook) unverhältnismäßig schwer erscheint.

Wie auch beim Essen, konnte ich mich aus der Bewegungslethargie mit einem kleinen Trick befreien. Ich habe mir selbst eine Challenge auferlegt: Die Herausforderung lautete, jeden Tag 10.000 Schritte zu gehen. Ich kündigte die Challenge nicht mit großem Tam-Tam im Blog an, sondern kaufte einen Schrittzähler (diesen hier), steckte ihn in meine Hosentasche und lief los.

schrittzähler

Diesen Zähler hatte ich für einige Monate stets dabei. Durch seine Präsenz fühlte ich mich zusätzlich motiviert, längere Wege zu gehen. Ich ging bewusster spazieren, lief Umwege und scheute keinen Schritt. Ein paar Mal am Tag schaute ich auf die entscheidende Zahl: Wie viele Schritte war ich schon gelaufen?

Ich wollte nicht auf Teufel-komm-raus jeden Tag 10.000 Schritte gehen, sondern einen Durchschnitt von 10.000 erreichen. Das schaffte ich auch. Als ich den Schrittzähler dabeihatte, ging ich im Durchschnitt 12.000 Schritte pro Tag. Mal waren es 25.000, wenn eine Wanderung anstand, mal nur 5.000, wenn ich meinen Tagesablauf nicht selbst in der Hand hatte. Auch Radfahren ließ ich gelten. Zur Vereinfachung setzte ich für 30 Minuten auf dem Fahrrad einfach genauso viele Schritte an, wie ich in 30 Minuten gelaufen wäre.

Mein Tagesrekord liegt bei 71.376 Schritten. An diesem Tag war ich mehr als 50 Kilometer gewandert. Diese Bestmarke werde ich so schnell nicht erneut knacken.

Mittlerweile trage ich den Zähler nicht mehr bei mir, denn ich bin zufrieden mit meinen Bewegungsgewohnheiten. Ohne die tägliche Statistik wäre ich anfangs weniger motiviert gewesen jede Treppe mitzunehmen. Jetzt ist es zur Normalität geworden und ich habe ein gutes Gespür dafür, ob ich mich genug bewege. Ich gehe vermutlich etwas weniger als mit Schrittzähler, da ich nicht mehr unbedingt mein Tagesziel erreichen möchte, aber 10.000 Schritte dürften es im Durchschnitt immer noch sein (Radfahren mitgerechnet).

Wenn du dich im Alltag mehr bewegen möchtest, könnte ein Schrittzähler ein guter Trick sein, um in die Gänge zu kommen. Du musst dir nicht gleich ein Gerät kaufen, es gibt auch entsprechende Apps für Smartphones. Allerdings musst du dein Handy dann ständig am Körper tragen. Ich stecke mir lieber das kleine Gadget in die Hosentasche.

Mehr zum Thema Alltagsbewegung schreiben wir in unserem Buch Alltäglich beweglich – Mehr Bewegung für die Generation „Keine Zeit“.


Foto: Frau mit Sneaker von Shutterstock

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