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„Ach, ich bin ganz schön im Stress.“
Dieser Satz ist zur Normalität geworden. Wer ist heute nicht im Stress? Jeder hat viel zu tun, weiß nicht, was er zuerst machen oder worauf er seine Aufmerksamkeit lenken soll. Für Manche ist Stress sogar ein Statussymbol. Wer Stress hat, ist interessant, nachgefragt, erfolgreich. Viele von uns sind stolz darauf, belastbar zu sein.
Deshalb denken wir nicht zweimal darüber nach, die Beförderung trotz mehr Verantwortung zu akzeptieren. Wir nehmen jede Einladung an, stopfen uns den Kalender mit Terminen voll, suchen uns zusätzliche Hobbys und beschäftigen uns mit dem Projekt „Eigenheim“, obwohl wir eigentlich schon am Anschlag sind.
Irgendwie bekommen wir das schon alles hin. Wir müssen nur effizienter werden, um in der verfügbaren Zeit noch mehr zu leisten. Das scheint die Lösung für unseren Stress zu sein.
Dabei ist es weniger eine Lösung als ein Symptom. Effizienz macht uns keinesfalls entspannter, sondern erlaubt uns, noch mehr zu schaffen. So jonglieren wir mit immer mehr Dingen, geraten dabei zunehmend ins Straucheln und finden dennoch kein Ende. Egal, wie viel wir schon leisten: Es wird immer etwas geben, das wir auch noch machen wollen. Richard Carlson schrieb dazu ganz treffend: Auch am Ende deines Lebens wird der Korb mit unerledigten Aufgaben nicht leer sein.
Die Antwort auf Stress kann deshalb nicht lauten, effizienter zu werden, um mehr zu schaffen. Frage dich stattdessen, auf was du verzichten kannst, denn um Ruhe zu finden, musst du Dinge loslassen können. Auch Dinge, von denen du bisher glaubst, dass sie wichtig sind, obwohl sie am Ende deiner Prioritätenliste stehen. Verabschiede dich von manchen Karrierezielen, Hobbys, Zeitverschwendern, Terminen und auch Menschen, die dir mehr Energie rauben, als sie dir geben.
Wenn dir das gelingt, hast du vielleicht bald ein neues Statussymbol, das da lautet:
„Ich habe Zeit für Menschen und Dinge, die mir wichtig sind.“
Foto: Stress im Büro von Shutterstock
Hallo Patrick,
schöner Text, kann dir voll und ganz zustimmen. Ich habe kürzlich ein Achtsamkeitsbuch von Jon Kabat Zinn gelesen, in dem genau das vorgeschlagen wurde: Weniger tun, dafür mehr machen. Soll heißen: es ist besser, seinen Alltag nicht total vollzustopfen, sondern lieber 2 Sachen weniger machen, die anderen dafür aber ganz bewusst.Die Umsetzung ist natürlich nicht so einfach, wie es sich liest.. Ich finde, das hat auch viel mit dem „inneren Antreiber“ zu tun, der (bei mir zumindest) sehr stark ausgeprägt ist und mich von morgens bis abends anheizt, noch dieses oder jenes zu tun (zufrieden gibt er sich nie). Das ist jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung.
Viele Grüße
Leonie
Hallo Patrick,
Du sprichst mir voll aus der Seele! Habbe jahrelang versucht immer effizienter zu werden, bis mich irgend wann eine Depression erfasst hat und noch eine MS folgte. Bin noch im Lernprozess, aber der Weg lohnt sich… Es ist nur oft schwierig seine Muster abzulegen.
Liebe Grüße
Dagmar
Früher kam man unangemeldet bei jemandem vorbei und er war zu Hause. Heute verabreden die Mütter ihre Kinder mit wochenlangem Vorlauf zum Spielen. Unangemeldet geht gar nix.
Früher ist man mit dem Rad gefahren. Das dauert für den durchgetakteten Tagesablauf heute viel zu lang. Das Auto ermöglicht viel effizientere Termine.
Früher mußte man sich genauer absprechen, weil kurzfristige Änderungen ohne SMS nicht mehr drin waren. Verabredungen werden flexibler und leider oft auch beliebig abgesagt. Die Verbindlichkeit ist gesunken, weil man durch die technischen Möglichkeiten kurzfristig absagen kann und die Fülle der Termine gewachsen ist. Früher gabs weniger Angebote und längere Wege.
…was ich sagen will: Auch der Umgang mit unseren vielfältigen Möglichkeiten muß gelernt werden. Ob Essen, Fernsehen, Computer, Mobiltelefon, elektronische Nachrichten, Erreichbarkeit oder eben auch Zeitplan. Die Dosis macht das Gift. Wer kein Auto hat, muß längere Wege einplanen und kann nicht so viele Termine abhaken. Das ist aber nicht schlechter.