Der Preis, den wir für Gesundheit, Freiheit und Wohlstand zahlen

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Alles hat seinen Preis: Ein Auto, klar. Ein Haus erst recht. Gesundheit kostet, okay. Aber ist dir bewusst, dass auch Freiheit, Liebe und Freundschaften nicht gratis sind? Selbst reich zu sein kostet etwas (nicht nur Steuern). Der Preis für all diese Dinge ist oft höher, als du denkst. Denn für alles, was du dein Eigen nennst, erhältst du noch etwas dazu: Die Angst, es wieder zu verlieren.

Schauen wir uns mal das Thema Gesundheit an: Unsere Gesellschaft wird immer älter. Die heutige Lebenserwartung der Menschen war vor 100 Jahren noch undenkbar. Das ist eine tolle Errungenschaft. Auf der anderen Seite fürchten sich 47 Prozent der Deutschen davor, schwer zu erkranken. Sogar 51 Prozent haben Angst, im Alter ein Pflegefall zu werden. Ich selbst möchte darüber noch gar nicht nachdenken, weil es zu früh ist – und weil es mir Angst macht.

Die Pflegefallangst beruht nicht nur auf der hohen Lebenserwartung, sondern auch auf unserer Freiheit. Wir sind so frei wie noch nie zuvor. Dass wir unser eigenes Ding machen, ist heute selbstverständlich. Wir müssen nicht für andere da sein. Mit dem kleinen Nachteil, dass später auch niemand für uns da ist. Das ist ein Preis von Freiheit.

Aber schon in jungen Jahren hat sie nicht nur Vorteile. Viele Menschen haben Angst, ihre theoretische Freiheit nicht richtig zu nutzen und werden unglücklich in ihrem Hamsterrad. Sie würden gern etwas ändern, aber wissen nichts mit sich anzufangen. Davon kann ich ein Lied singen. Lange Zeit tat ich mich mit der Freiheit schwer. Erst seit wir Healthy Habits gestartet haben und ich mich wieder für eine Heimat entschied, fällt sie mir leichter.

Du siehst, ein langes Leben und Freiheit haben ihren Preis. Den haben auch Liebe und Freundschaft. Menschen wünschen sich tiefe Beziehungen und haben dann Angst, sie zu verlieren. 18 Prozent der Deutschen fürchten sich davor, dass ihre Beziehungen zerbrechen. Statistisch nicht erfasst ist die Angst, dass sich ihre Partner und Freunde verändern und sich gegen alles wenden, woran sie bisher gemeinsam geglaubt hatten.

Immerhin können wir uns auf unseren Wohlstand verlassen. Wir sind eine der reichsten Nationen der Welt mit einem der höchsten Lebensstandards. Ein paar Länder durfte ich schon bereisen und komme stets mit dem Wissen zurück, dass wir es in Deutschland sehr gut haben. Wir können Häuser bauen, Autos und iPads kaufen und haben sichere Jobs. Wenn da nur nicht … diese Angst wäre. Die Angst, das alles wieder zu verlieren. Der Deutschen größte Sorge ist die vor steigenden Lebenshaltungskosten (58 Prozent). Die Hälfte hat Angst vor Naturkatastrophen, die einen Besitzverlust bedeuten könnten. 41 Prozent fürchten sich vor einer schlechteren Wirtschaftslage, 38 Prozent vor Altersarmut, 33 Prozent vor Arbeitslosigkeit. 73 Prozent der Deutschen haben Angst, im Rahmen der Eurokrise für die Schulden anderer Länder aufkommen zu müssen.

So ist das mit dem Wohlstand. Sobald wir ihn haben, kommt sofort die Verlustangst. Besonders deutlich empfand ich das in Südafrika, wo sich die Oberschicht hinter hohen Mauern, Stacheldraht, Alarmsystemen und Wachschutz versteckt. Die Reichen haben Angst, dass die Armen ihnen einfach alles wegnehmen. In Deutschland löst man das über Versicherungen. Wir versichern gern alles: Autos, Laptops, Gesundheit, unsere Fähigkeit zu arbeiten und unser Leben. Was uns gehört, muss in jedem Fall versichert werden.

Der irrationale Mensch

Es scheint, als fürchteten wir nichts mehr, als Wohlstand, Beziehungen, Freiheit und Gesundheit zu verlieren. Verluste können Menschen kaum ertragen. Wenn wir 100 Euro verlieren, ärgern wir uns darüber mehr, als wir uns über den Gewinn von 100 Euro freuen würden. Dieses Phänomen namens Verlustaversion beschreibt die Tendenz, Verluste höher zu gewichten als Gewinne. Das ist typisch Mensch.

Im wahren Leben bedeutet dies, dass die Erfüllung unserer Wünsche uns mehr Sorgen bereiten könnte, als dass sie uns glücklich macht. Ein Freund von mir hat in den letzten Jahren viel Geld verdient. Mehr, als er sich jemals vorgestellt hatte. Vor ein paar Tagen sagte er aus heiterem Himmel zu mir: „Das Leben war sorgenfreier, als ich noch nicht so viel Geld hatte.“

Meine Antwort auf dieses Dilemma

Ich verstand meinen Freund. Mir sind Verlustängste auch nicht fremd. Sie treffen mich dort am stärksten, wo mein Selbstvertrauen am geringsten ist. Genau dort würde ich heute ansetzen, anstatt nur immer mehr von all dem zu wollen, was ich nicht habe. Auf die bereits erwähnten vier Verlustängste bezogen, bedeutet das für mich Folgendes:

1. Wohlstand: Ich habe keine nennenswerten Ängste vor Wohlstandsverlust. Nach meinem Studium habe ich mir ein gutes Selbstbewusstsein in Businessfragen erarbeitet. Ich weiß heute, dass ich immer irgendetwas auf die Beine stellen kann, um davon zu leben. Wenn ich nur genug Zeit investiere, klappt das schon. Selbst wenn ich wieder einen Job annehmen müsste, bin ich zuversichtlich, gebraucht zu werden. Diese Einstellung habe ich durch meine selbständige Arbeit gewonnen. Erst nebenberuflich, dann Vollzeit. Hätte ich in den letzten zehn Jahren in einer festen Anstellung gearbeitet, könnte das ganz anders aussehen. Ich hätte vielleicht nicht dieses Vertrauen in meine Fähigkeiten.

2. Gesundheit: Taugt Angst als Motivator für ein gesünderes Leben? Bei mir sah es lange nicht danach aus – bis mich vor fünf Jahren die Angst packte, meine Gesundheit zu verlieren. Ich nahm 60 Kilogramm ab. Später lebte ich mit der Sorge wieder zuzunehmen, schließlich enden 95 Prozent aller Diäten im Jojo-Effekt.  Ich wollte meine Errungenschaft nicht wieder verlieren. Bis ich Lösungen fand, die für mich funktionieren. Jetzt bin ich so fit wie nie zuvor – ohne mich zu quälen. Es läuft (fast) wie von selbst. Daher bin ich heute sorgenfrei auf diesem Gebiet. Ich habe keine Angst mehr vor Übergewicht und auch meine Sorge vor schweren Erkrankungen ist gering, denn ich mache für meine Gesundheit, was ich kann. Alles andere liegt nicht in meiner Hand. Dieses Vertrauen zu finden, hat viele Jahre gedauert.

3. Freiheit: Mit der Freiheit als digitaler Nomade kam ich nur mäßig gut zurecht. Ich wusste nicht so viel mit mir anzufangen. Schon nach einem guten Jahr des Dauerreisens ahnte ich, dass das für mich keine Zukunft hat. Es dauerte dennoch weitere anderthalb Jahre, bis ich mich von dieser Freiheit lösen konnte. Die Bindungsangst (= Angst vor Freiheitsverlust) war groß. Mittlerweile habe ich mich bewusst für eine Heimat entschieden und damit gegen die Angst. Auf eine gewisse Weise bin ich dadurch sogar freier geworden. Das gelang nur, weil ich mir Alternativen schuf: eine Aufgabe, Hobbys, Freunde. Ich habe nun das Vertrauen, auch ohne die Flucht ins Reisen glücklich sein zu können.

4. Beziehungen: Das ist meine größte Baustelle. Hier ist mein Selbstvertrauen am geringsten. Entsprechend hoch sind meine Verlustängste. Die spüre ich nicht ständig, aber an schlechten Tagen gerät mein Gedankenkarussell außer Kontrolle. Dann denkt sich mein Gehirn nonstop Szenarien aus, in denen ich eine mir wichtige Beziehung verlieren könnte. Auch wenn ich eine romantische Beziehung hätte, gäbe es mit Sicherheit die Angst, sie wieder zu verlieren – was mich im Zweifel sogar in einer ungesunden Beziehung halten würde. Es wäre nicht das erste Mal. Folglich träume ich nicht von der einen großartigen Beziehung, die alles besser macht, sondern muss auch mit mir selbst klarkommen. Beides geht Hand in Hand.

Heute weiß ich: All die erstrebenswerten Dinge zu haben macht mich nicht glücklich, sondern erst mal ängstlich. Schließlich muss ich einen möglichen Verlust aushalten können. Bin ich darauf nicht vorbereitet, würde ich versuchen, das mit noch mehr zu kompensieren und bekäme nie genug. Und dann wird’s düster. Nur mit dem Vertrauen darin, meine Errungenschaften wirklich wert zu sein und sie durch Kompetenz jederzeit erneut erreichen zu können, kann ich Freiheit, Wohlstand & Co. genießen. Folglich gibt es nur Eines, von dem ich wirklich mehr will: Selbstvertrauen.

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