Wanted: Kinderwunsch!

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„Und? Wie sieht es bei euch mit Kindern aus?“

Eine ganz normale Frage, die tagtäglich tausendfach gestellt wird. Da ich in letzter Zeit häufiger die Adressatin war, konnte ich auch meine Reaktion beobachten: sie reichte von Unsicherheit über Unbehagen, Wut, Selbstzweifel bis hin zu Neid und Hoffnung. Um diese Vielfalt der Empfindungen geht es in dem heutigen Beitrag.

Ich glaube, ich bin ein passables Weibchen. Eine akzeptable Freundin, Tochter und Schwiegertochter in spe. Mit einem Manko: Ich möchte noch kein Kind.

Ich möchte mich nicht mit den Müttern und Vätern da draußen anlegen, die jetzt vielleicht ein Plädoyer gegen Kinder erwarten. Im Gegenteil. Ich beneide Eltern um den unbeirrten Wunsch Kinder zu bekommen und die Motivation dafür viel aufzugeben.

Bisher wollte ich das für mich behalten. Aber vielleicht betrifft auch dich das Thema.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ich bin jetzt 27. In diesem Alter ist ein mangelnder Kinderwunsch sicher nicht tragisch. Meine Befürchtung ist allerdings, dass sich auch in zwei oder drei Jahren nichts daran ändern wird. Ich sehe es jedenfalls nicht kommen, denn das Bedürfnis nach einem Kind fühlt sich Lichtjahre entfernt an.

„Das kommt noch“, höre ich öfters. Aber was, wenn nicht? Nicht in vier oder fünf Jahren?

Was, wenn ich nie einen Drang verspüren werde? Dann bin ich jenseits der 30er-Marke – und denke dann vielleicht ganz nüchtern: Naja, jetzt ist es an der Zeit. Habe ich dann vier oder fünf oder mehr Jahre verschenkt? Bin ich vielleicht nicht der euphorische Typ und werde nie so sein wie die Frauen, die ich um deren Begeisterung beneide?

Ursachenforschung

Biologische (fruchtbarkeitstechnische) Beweggründe sind nicht das Hauptthema in meinem Kopf. Viel mehr machen sich Zweifel breit: stimmt etwas nicht mit mir, dass ich seit Jahren nicht den Hauch einer Lust zum Kinderkriegen verspüre? Ist das normal? Bin ich normal? Woher kommt das? Liegt es daran, dass ich bis heute (manche) Kinder (manchmal) nicht mag?

Jetzt, wo du schon so weit gelesen hast, kann ich es ja sagen: Ich war lange eine Kinderhasserin. Ich war ernsthaft genervt und irgendwann gefühlt am Ende, wenn im Flugzeug  das Baby (oder gleich mehrere) stundenlang schrien. Es machte mich wütend, wenn ein Kleinkind im Café eine ohrenbetäubende Lautstärke erzeugte, Dinge zerstörte, alles vollsabberte, Gespräche verhinderte und seine Eltern allein nicht mehr existieren ließ.

Nach wie vor weigere ich mich Nervensägen und Aufmerksamkeitshamster zu verherrlichen. Heute weiß ich aber, dass sich meine Abneigung gegen die teilweise überforderten Eltern richten müsste. Dass ich mit beiden (Kindern und Eltern) mitfühlen sollte.

Ich arbeite an mir. Doch offensichtlich ist meine Abneigung gegen Kinder immer noch recht stark. Das merke ich daran, dass mir spontan sehr viele Beispiele einfallen, weshalb ich Kinder nicht mag.

Ich wäre ja gern gelassener und positiver! Aber scheinbar fürchte ich, gleichermaßen unausstehlichen Nachwuchs in die Welt zu setzen!

Wanted: Begeisterung

Meine Freundinnen sehen – im Gegensatz zu mir – das Positive in Kindern. Sie bekommen selbst welche und/oder Begeisterungsanfälle, wenn ein Baby im Umkreis von 100 Metern auftaucht. Sie können sich auch stundenlang mit ihnen beschäftigen, ohne ihre Geduld oder Hirnzellen einzubüßen.

Bei mir? Regt sich nichts. Obwohl, doch:

  1. Der Wunsch nur halb so begeisterungsfähig zu sein,
  2. Neid gegenüber den Müttern, die einen Kinderwunsch verspüren und ihm unbeirrt folgen,
  3. Angst nie den Wunsch zu entwickeln,
  4. Bewunderung für den Kraftakt und Schlafentzug, den ein Baby mit sich bringt,
  5. Faszination, wie man so viel daraus ziehen kann und sich selbst jahrelang so zurückstellen kann,
  6. Weltschmerz, wenn ich potentielle Kandidatinnen aus der Sendung „Teenie Mütter – wenn Kinder Kinder kriegen“ sehe.

kinderwunsch schnuller

„Der perfekte Moment“

Vielleicht liegt es nur am Timing. Muss ich erst zur Ruhe kommen? Während der Etappen Studium, Job, Studium, Job, Burnout und nun Selbständigkeit gab es kaum Verschnaufpausen. Braucht frau Ruhephasen, um zu sich zu finden, ausreichend Zeit mit sich selbst (gehabt) zu haben – um dann (im wahrsten Sinne) empfänglich zu sein für ein hilfloses Wesen, um das sie kreisen kann?

Zeitpunkt hin oder her – den „perfekten Moment“ soll es nicht geben, habe ich mir sagen lassen.

Da ist meine Familie aber anderer Meinung. Jetzt, da ich über zwei Jahre mit meiner Jugendliebe liiert bin, scheint der „next step im workflow“ unausweichlich. Nicht selten fragen Familienangehörige daher: „Und? Wann können wir mit Enkeln rechnen?“

Was die Kinderfrage in mir auslöst

Das ständige Fragen nach dem Kinderwunsch kann zermürbend sein, wenn frau genau diesen nicht hat.

Immer wieder daran erinnert zu werden, löst auch keine Sehnsucht nach einem Baby in mir aus. Es regt sich – wieder nichts. Obwohl, doch:

  1. Ärger, warum ich mich wieder und wieder rechtfertigen muss
  2. Die Abwehrhaltung nach dem Motto: Wir kriegen das schon selbst hin, auch ohne ständiges Nachfragen.
  3. Gedanken wie: Ich würde ja gern! Aber ich möchte wenigstens Lust drauf haben. Ich möchte kein Kind in die Welt setzen, das ich nur bekomme, um die Sozialkassen zu retten.
  4. Gegenfragen wie: Warum ist dir das so wichtig?
  5. Hoffnung, dass ich irgendwann eine positive Antwort haben werde

Mindestens genauso unangenehm ist die Kinderfrage, wenn das erste Kind schon da ist. Noch im Krankenhaus, wenige Stunden nach der Entbindung, erkundigten sich die Familien von meinen kinderhabenden Freundinnen nach den weiteren Kinderplänen. Der Altersunterschied dürfe schließlich nicht zu groß werden.

Beziehungstechnische Bedenken

Entscheidend ist doch, wie es innerhalb einer Beziehung mit einem (einseitig) fehlenden Kinderwunsch läuft. Für meinen Partner ist es sicher nicht das schönste Gefühl zu wissen, dass ich lieber (noch lange) warten will. Ein Männchen will schließlich ein paarungsbereites Weibchen, oder?

Mir scheint, als sei der umgedrehte Fall häufiger. Sie will, er nicht. Wie würde es mir damit gehen? Wahrscheinlich würde ich auf mangelnde Liebe und Verbindlichkeit schließen.

Dabei trifft nichts davon auf mich zu. Ich bin sicher meine bessere Hälfte gefunden zu haben. Das äußere ich auch immer wieder, denn ich finde wichtig, solche Bedenken im Keim zu ersticken. Es ist niemand schuld und es fehlt auch nichts. Im Gegenteil: es ist gerade alles so schön. Das ist es ja gerade! Wozu mir den Stress aufladen und mein Leben komplett umkrempeln?

„Du bist noch nicht soweit“, meinte eine Freundin neulich zu mir. „Dann macht es auch keinen Sinn.“

Abwarten. Tee (oder doch ein Bier) trinken.

Ich hoffe auf die Macht der Hormone. Auf dass sie mir irgendwann doch noch einen mindestens mäßigen bis starken Fortpflanzungsdrang impfen.

Es wäre naiv, das für alle Ewigkeit auszuschließen und mir ein 2-Sitzer-Auto zuzulegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Ansichten plötzlich wandeln, denn zu oft habe ich miterlebt, wie Freundinnen plötzlich einen Nestbautrieb entwickelten und für Außenstehende irrationale Entscheidungen trafen.

Fotos: Baby mit Eulenmütze und Schnuller auf Holztisch von Shutterstock

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